In diesem Video und Artikel möchte
ich euch eine enorm effektive Trainingsmethode vorstellen, welche
viele Sportler schon zu Topleistungen gebracht hat. Es handelt sich
um das sog. Komplextraining.
Video Teil 1:
Video Teil 2:
Komplextraining Teil 2
Video Teil 1:
Video Teil 2:
Komplextraining Teil 2
Was ist Komplextraining?
Komplextraining verbindet
das Krafttraining mit dem Schnellkrafttraining, wo i.d.R. auf einen
Krafttrainingssatz ein Schnellkrafttrainingssatz folgt. Mit dem
Komplextraining können enorme
Steigerungen der Schnellkraft, Explosivkraft und Maximalkraft in vergleichsweise kurzen Zeiträumen erreicht werden. Es eignet sich auch sehr gut, um die im Kraftraum erworbene Kraft effektiv in der sportlichen Zielübung anwenden zu können.
Steigerungen der Schnellkraft, Explosivkraft und Maximalkraft in vergleichsweise kurzen Zeiträumen erreicht werden. Es eignet sich auch sehr gut, um die im Kraftraum erworbene Kraft effektiv in der sportlichen Zielübung anwenden zu können.
Beim normalen
Krafttraining bspw. Kniebeugen dauert es im Allgemeinen etwa 400ms
bis überhaupt die Maximalkraft der Muskulatur aufgebaut wurde. Beim
Sprint beträgt die Bodenkontaktzeit aber häufig nur 90ms. Das
bedeutet, es ist nicht unbedingt die maximale Kraft relevant, sondern
vor allem wie schnell man diese Kraft aufbauen kann, also die
"Explosivkraft/der Kraftanstieg". Im Englischen ist der
Begriff unverwechselbarer, diese Kraft nennt man dort einfach "Rate
of Force Development", also die Rate mit der die Kraft aufgebaut
wird.
Kommen wir nun zu einem
Beispiel wie ein Komplextraining tendenziell aufgebaut ist.
Beispielsweise könnte ein
Komplextraining für den Unterkörper so aussehen:
- 1 Satz Kniebeugen
- 3-5 Min Pause
- 1 Satz plyometrische Übung bspw. Tiefsprünge
- 1,5-4 Min Pause (Pausenlänge abhängig von der Intensität der Schnellkraftübung (Tiefsprünge oder einbeinige Sprünge aus dem Laufen haben eine höhere Intensität als beidbeinige Sprünge aus dem Stand)
- von vorne
für den Oberkörper
könnte ein Komplextraining bspw. so aussehen:
- 1 Satz Bankdrücken
- 3-5 Min Pause
- Medizinball-Brustpässe im Liegen (wenn man schon viel Kraft im Oberkörper hat, auch plyometrische Liegestütze)
- 1-3 Min Pause
- von vorne
Für wen ist es geeignet?
- Für Sportler, die schon Erfahrung mit Krafttraining und Sprungkraft-/Schnellkrafttraining besitzen.
- Für Sportler, die schon eine gut entwickelte Kraft besitzen. Hier ist vor allem eine gut entwickelte Rumpfkraft eine Grundvoraussetzung.
- Die klassischen Übungen sollten einwandfrei beherrscht werden insb. Kniebeugen/Kreuz-heben/Bankdrücken (wer sich bei Kniebeugen unsicher ist, kann für den Zeitraum des Komplextrainings bei den hohen Gewichten auch mal die Beinpresse einsetzen)
Die Übungsauswahl
Es wird beim
Komplextraining immer eine biomechanisch klassische
Krafttrainingsübung mit einer biomechanisch ähnlichen
Schnellkraftübung verknüpft bspw. die Kniebeugen zusammen mit den
Tiefsprüngen und das Bankdrücken zusammen mit den plyometrischen
Liegestützen bzw. Medizinballpässen.
Man kann natürlich auch
Schulterdrücken mit Überkopfwürfen kombinieren. Auch kann man
Kreuzheben (hüftdominant) in Kombination mit Sprungläufen
(ebenfalls hüftdominant) ausführen.
Varianten des Komplextrainings
Es gibt verschiedene
Varianten eines Komplextrainings, die man je nach Sportart,
Zielsetzung und individuellen Schwächen und Stärken anwenden kann
und sollte.
Hier mal ein kurzer
Überblick wie man das Komplextraining kombinieren könnte.
Nr.: 1 - Fokus auf Kraft &
Explosivkraft
Diese Variante ist für
Sportler geeignet, welche schon über gute Reaktivkraftfähigkeiten
verfügen, bei denen jedoch Kraft- und Explosivkraftfähigkeiten
nicht so gut ausgeprägt sind. Typisch für Basketballer und
teilweise auch Volleyballer. Aber auch hier kann man nicht
pauschalisieren, da es individuelle Unterschiede gibt.
Das Training würde wie
folgt aussehen:
- eine langsame Krafttrainingsübung
- eine eher explosivkraftlastige Trainingsübung mit etwas längeren Bodenkontakten, z.B. Jumpsquats, olympische Übungen wie Reißen usw.
Nr.: 2 - Klassische
Variante
Ist geeignet für
Sportler, bei denen Reaktivkraft/Explosivkraft und Kraft in etwa
gleich gut ausgeprägt sind. Hier würde man wie folgt vorgehen:
- eine langsame Krafttrainingsübung (z.b. Kniebeugen)
- eine plyometrischen Übung mit eher kurzen Bodenkontakten (Sprint, Tiefsprünge, Hopser, allg. Sprünge im kurzen Dehnungsverkürzungszyklus usw.)
Nr.: 3 – Für die
Kraftmonster
Diese Variante ist
geeignet für Sportler, die schon über eine sehr gute Kraftbasis
verfügen. Ein Bodybuilder oder einfach ein Kraftsportler würde
bspw. so trainieren, um die schon vorhandene jedoch "langsame"
Muskelmasse schnellkräftiger zu machen.
Hier würde man den Fokus
auf die schnellen Übungen legen und in etwa diese
Übungskombinationen wählen:
- Explosivkraftübung wie olympische Übungen, Kniebeugen mit 30-50% 1RM, sprich eher "Schnellkraft" oder auch Sprungkniebeugen
- zweite Übung dann eine schnelle plyometrische Übung wie Tiefsprünge, Seriensprünge oder auch einfach Sprints.
Nr.: 4 – Die
Kombinationsmethode
Sollte eingesetzt werden
im Rahmen der spezifischen Vorbereitungsperiode, um die durch das
Kraft- und Schnellkrafttraining erworbenen Fähigkeiten auf den
Platz/Spielfeld/Bahn zu übertragen. Hier würde man wie folgt
vorgehen:
- eine langsame Kraftübung bspw. Kniebeugen
- eine eher auf Explosivität angelegte Übung bspw. einarmiges Kurzhantelreißen oder Sprungkniebeugen
- als dritte Übung eine sportspezifische Übung, welche der Zielübung im Sport möglichst Nahe kommt. Bspw. würde ein Fußballer einen Sprint über 10-20m aus einem langsamen Joggen vollführen, ein Sprinter würde einen Blockstart über 10m absolvieren, der Hochspringer versucht einen maximalen Sprung mit Anlauf und der Basketball macht oder versucht einen Dunking.
Dies wäre also auch eine
Variation des Komplextrainings jedoch mit insg. 3 Übungen.
Komplextraining wie und wann anwenden?
Man kann und sollte sogar
das ganze Komplextraining auch etwas periodisieren.
Beispielsweise fängt man
in den ersten Wochen mit Variante 1 an und arbeitet sich dann
innerhalb einer 6-12 wöchigen Periode auf Methode 4 hoch.
Länger als 12 Wochen
sollte man das Komplextraining allerdings auch nicht am Stück
anwenden. Ich würde es tendenziell eher in einer 4-8 wöchigen
Periode vor dem Zielwettkampf anwenden.
Ein Fußballer würde es
in den letzten 4-8 Wochen der Off-season jedoch VOR Beginn der ca. 8
wöchigen Saisonvorbereitung ausführen, einfach weil im Rahmen der
Saisonvorbereitung sehr viel gelaufen wird und viel Augenmerk auf die
Ausdauer und Schnellkraftausdauer gesetzt wird, was sich tendenziell
eher nicht so gut mit dem Komplextraining verträgt.
Warum ist Komplextraining so effektiv?
Das Komplextraining
verbessert die "Explosivkraft- und Maximalkraftfähigkeiten",
da es primär auf die neuronale Aktivierung ausgelegt ist. Bei den
Krafttrainingsätzen führt das hohe Gewicht dazu, dass fast alle
Muskelfasern insb. die kräftigen Typ 2 und Typ2X Muskelfasern
rekrutiert werden.
Daher ist hier ein hohes
Gewicht nötig, um diese Rekrutierung zu ermöglichen. Weiterhin
werden diese durch das hohe Gewicht dazu gezwungen, möglichst stark
zu „feuern“, was nichts anderes bedeutet als diese hochfrequent
anzuregen, um so eine möglichst hohe Spannung und damit Kraft in der
Muskelfaser zu realisieren.
Hierdurch setzt man das
Nervensystem quasi in einen Art "Alarmzustand“
(Erregungszustand) und neuronal hemmende Faktoren, welche
normalerweise teilweise verhindern, dass ein Teil der Muskelfasern
aktiviert werden, werden abgebaut.
Dieser Effekt führt dazu,
dass wir beim nachfolgenden Schnellkrafttrainingssatz von Beginn an
unserer Muskelfasern mehr involvieren können, welche zudem ihre
Kraft aufgrund der schnellen Bewegungsausführung möglichst früh
entfalten.
Dies führt dazu, dass
sich die Startkraft, Explsovikraft und je nach Übung auch die
Reaktivkraft und damit insg. einfach die Schnellkraft stark
verbessern.
Der Grund, warum sich
diese beide Trainingsmethoden so gut vertragen, ist der, dass bei
beiden prinzipiell die gleichen Anpassungen hervorgerufen werden
sollen. Beim Maximalkrafttraining will man die intra- und
intermuskuläre Koordination verbessern, welche man ebenfalls
verbessern will, wenn man Explosivkraft- bzw. ein
Schnellkrafttraining betreibt.
Die Wahl des richtigen Gewichts
Das Gewicht sollte sich an
eurem 1-Wiederholungsmaximum der jeweiligen Zielübung richten.
Bei Kniebeugen sollte es
zwischen 70-100% liegen. In den ersten Wochen nutzt man eher 70-90%,
führt hier aber nicht die vollen Wiederholungen bis zum
Muskelversagen durch, sondern bricht nach 2-3 Wiederholungen ab.
Ab einigen Wochen werden
dann Gewichte zwischen 90 und 100% des 1 RM genutzt und hier werden
die technisch sauberen Wiederholungen ausgereizt. I.d.R. sollte man
so bei 1-3 WDH landen.
Trainingsumfang, Sätze und Wiederholungen
Insgesamt kann man 2-6 solcher Komplexe pro Bewegung durchlaufen. Bspw. würde das für Sprinter bedeuten, dass sie 2-6 Sätze Kniebeugen in Kombination mit 2-6 Sätzen Sprüngen absolvieren. Für die Oberkörperschnellkraft würde man äquivalent 2-6 Sätze Bankdrücken/Schulterdrücken in Kombination mit 2-6 Sätzen Medizinballbrustpässen bzw. Überkopfwürfe durchführen.Die Wiederholungen liegen bei den Krafttrainingsübungen bei etwa 1-3 und bei den Schnellkraftübungen bei etwa 4-6, wobei bei einem Sprint nur eine Wiederholung ausgeführt wird. Es darf hier auf keinen Fall eine starke Ermüdung eintreten, wobei dies mitunter von der jeweiligen Übung abhängt.
Ein Hochspringer würde hier eher 1-2 Anläufe mit Absprung wählen, wohingegen man beidbeinige Seriensprünge auch mit 6 Wdh's ausführen könnte.
Wenn man 3 Übungen wie bei der Komplextrainingvariante Nummer 4 ausführt, sprich Kraft, Explosivkraft und Wettkampfübung, sollte man die Wiederholungszahl der Explosivkraftübung (der mittleren Übung) eher noch etwas reduzieren und im Bereich 2-4 arbeiten.
Das Komplextraining sollte im Allg. nicht häufiger als 1-3x pro Woche ausgeführt werden und mit mindestens 2 Tagen Pause dazwischen. Bspw. Kann man montags und donnerstags sein Komplextraining absolvieren.
Pausenzeiten und Gestaltung
Die Pausenzeiten
unterscheiden sich etwas vom klassischen Maximalkraft- oder
Hypertrophietraining. Tendenziell sollten die Pausen jedoch eher lang
sein.
Für den Unterkörper wie
oben schon einmal erwähnt, würde sich Folgendes anbieten:
Nach der ersten Übung,
sprich der eher kraftlastigen Übung, werden ca. 3 - 5 Minuten Pause
gemacht.
Nach der Schnellkraftübung
etwa 1,5 - 4 Minuten Pause. Baut man noch die Wettkampfübung mit
ein, macht man nach der Schnellkraftübung etwa 2 Minuten Pause (man
macht ja auch weniger WDH) und danach die Wettkampfübung gefolgt von
einer 1-3 minütigen Pause.
Beispiel für zwei
Übungen:
- 1 Satz Kniebeugen
- 3-5 Min Pause
- 1 Satz plyometrische Übung bspw. Tiefsprünge
- 1,5-4 Min Pause ( Pausenlänge abhängig von der Intensität der Schnellkraftübung; Tiefsprünge oder einbeinige Sprünge aus dem Laufen haben eine höhere Intensität als beidbeinige Sprünge aus dem Stand)
- von vorne
Bei einem 3er-Komplex
könnte es so aussehen:
- Kniebeugen: 3 Wdh. mit 90% des 1RM (3-5 Min Pause)
- Sprungkniebeugen: 4 Wdh. mit 10-25% 1 RM (2 Min Pause)
- Hochsprung: 2x, maximal 1 Min Pause zwischen den Wdh. (2 Min Pause)
Da die Pausen wie ihr
gesehen habt sehr lang sind, macht es häufig Sinn Oberkörper und
Unterkörper zusammen zu trainieren. Man würde also in der Pause
nach den Kniebeugen das Bankdrücken machen. Danach dann die
Tiefsprünge und darauf folgend die Medizinballbrustpässe im Liegen.
So nutzt man die Pausen
effektiv und trainiert sowohl die Oberkörperschnellkraft als auch
die Unterkörperschnellkraft.
Alternativ kann man in den
Pausen auch mit dem klassischen Krafttraining anderer nicht oder kaum
in der Bewegung involvierten Muskelgruppen fortfahren.
Wichtige Trainingshinweise
Es müssen maximale
Intensitäten folgen, dass heißt ihr müsst motiviert und ausgeruht
sein, solltet 48 Stunden vor und 48 Stunden nach der Trainingseinheit
keine anstrengenden aeroben oder anaeroben Ausdauerleistungen
erbringen bzw. erbracht haben.
Beim Krafttraining sollte
das Gewicht kontrolliert negativ herabgelassen werden und dann eine
maximal explosive positive Bewegung folgen.
Gleiches
gilt für die Schnellkraftübungen, welche auch mit maximaler
Intensität erfolgen müssen.
Es wird eine Satzzahl von
2-6 Serien genutzt. Am Anfang fängt man natürlich eher mit weniger
an und kann dann schauen, was für einen persönlich funktioniert und
wie hoch die sonstige Trainingsbelastungen der Woche ist. Das
Training sollte jedoch immer an dem Punkt abgebrochen werden, wo man
merkt, dass man die Übungen nicht mehr mit 100%iger Intensität
ausführen kann und die Bewegungsausführung aufgrund von Ermüdung
leidet. Die Qualität der Bewegung ist viel viel wichtiger als die
Quantität, also das reine Volumen. Zwei ordentlich ausgeführte
Komplexe mit 100%iger Intensität haben einen wesentlich höheren
Trainingseffekt als 10 ausgeführte Komplexsätze mit 90%.
Abschluss:
Ich hoffe, ich konnte euch
mit diesen Videos und dem Artikel erklären, was das Komplextraining
ausmacht, wie man es prinzipiell anwendet und warum es so einen
enormen Vorteil verschafft.
Ich werde in weiteren
Videos und Artikeln noch einzelne Komplextrainingspläne für
verschiedene Sportarten online stellen, die ihr dann ggf. ausführen
könnt.
Ich wünsche euch viel
Spaß beim Training! Danke sehr und auf Wiedersehen!
Quellen:
"Journal of Sports
Science and Medicine (2002) 1, 42-46
http://www.jssm.org
Review article
COMPLEX TRAINING: A
BRIEF REVIEW
William P. Ebben !"
"COMPLEX TRAINING
WITH COMBINED EXPLOSIVE
WEIGHT TRAINING AND
PLYOMETRIC EXERCISES
by William P. Ebben and
Douglas O. Blackard"
"Martin D, Carl K,
Lehnertz K. Handbuch Trainingslehre. Beiträge zur Lehre und
Forschung
im Sport. Schorndorf:
Hofmann; 1993"
"Einführung in
die Trainingswissenschaft – Hohmann, Lames und Letzelter"
"High-Performance
Sports Conditioning by Bill Foran – Modern Training for ultimate
athletic development (Human Knetics)"
hallo
AntwortenLöschenich spiele fußball und mache im kraftraum vorm krafttraining immer umsetzen /reißen
mache immer 3 -4 wh und 4 min pause
ist das OK
oder sollte ich auchmal 8 min machen?
PS beim erwärmen mache ich nur 2 wh und da sagar NUR 3 min pausen ?
ist das OK
gibt es eine settigung für explosivkrafttraining wie beim reaktivkrafttraining nach 4 wochen
AntwortenLöschenHi,
AntwortenLöschenich bin seit kurzem erst auf FastestAthletes aufmerksam geworden. Die YouTube Videos sind sehr informativ und ich habe gleich den Kanal abonniert. Besonders das Video zum komplextraining war sehr interessant. Ich möchte nämlich gerade mein Training auf mehr Agilität umstellen. Ich selber trainiere 3 - 4x wöchentlich Capoeira und mache zusätzlich ein selbstgestaltets Workout auf Zirkel Training Basis. Habt ihr Erfahrungen mit Capoeira bzw. Kampfsport und evtl. Tipps bzw. Anpassungsideen an euer komplextraining?