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Donnerstag, 9. Mai 2013

Übungsreihenfolge im Muskelaufbautraining - Krafttraining, Trainingsplan, Übungen

Heute möchte ich mich einem Thema widmen, wie man in einer Trainingseinheit die Reihenfolge der Übungen wählen sollte, um den bestmöglichen Muskelaufbaureiz zu setzen. In dem Video und dem folgenden Artikel werde ich unter anderem auf folgende Themen näher eingehen:
  1. Warum ist die Übungsreihenfolge wichtig?
  2. Grundsätzliche Richtlinien
  3. Spezielle Richtlinien für Muskelaufbau
    • Beispielpläne und Reihenfolgen
  4. Kniebeugen oder Kreuzheben zuerst?
  5. Individuelle Anpassungen
     
Teil 1 - Übungsreihenfolge im Muskelaufbautraining

Teil 2 - Übungsreihenfolge im Muskelaufbautraining

1. Einleitung

Die Abfolge der Übungen ist nicht so einfach zu bestimmen wie man denken würde. Die Reihenfolge besitzt aber einen enormen Einfluss darauf, welche Art von Ergebnissen man erzielen wird und wie effektiv man die Übungen ausführen kann.
Grundsätzlich gibt es hier viele Möglichkeiten, welche davon die beste ist, hängt zum großen Teil von der eigenen Zielsetzung und der gewählten Trainingsmethode wie bspw. Muskelaufbau oder 
 Maximalkrafttraining ab.
Trainingswissenschaftler sprechen hier dann von IK-Training für intra- und intermuskuläre Koordination und von Muskelaufbau- bzw. Hypertrophietraining.

Und hier fängt es auch schon mit den persönlichen Zielen an. Ich werde daher in diesem und in einem weiteren Video darauf eingehen, wie unterschiedliche Gruppen von Trainierenden die Übungsabfolge innerhalb einer Trainingseinheit wählen sollten. Grundsätzlich gibt es zwei Gruppen
  1. Jemand, der auf Muskelmasse trainiert.
  2. Jemand, der vor allem Kraft- und Maximalkraftzuwächse als Ziel hat.
  3. Der Sportler, welcher beide der obigen Trainingsmethoden phasenweise in seinem Trainingsprogramm nutzt, dessen Ziel es jedoch primär ist, seinen Antritt, Sprint oder Sprungkraft zu verbessern. Er will also seine Schnellkraft- und Schnelligkeitswerte erhöhen.

In diesem Video und Artikel gehe ich auf die Grundsätze für das Training für Muskelaufbau ein und in einem weiteren HIER verlinkten Video (folgt am 11.5.2013) gehe ich darauf ein, wie man die Übungsreihenfolge wählen sollte, wenn das Ziel in der Steigerung der Kraft-/Maximalkraft und Schnellkraft liegt.

2. Grundsätzliche Richtlinien

Grundsätzlich (egal welche Ziele man verfolgt) kann man sagen:

  1. Die Hauptübungen/großen Verbundübungen (Mehrgelenksübungen), welche viele Muskeln involvieren, mit hoher Intensität (Gewicht) ausgeführt werden und damit auch einen relativ hohen koordinativen Aspekt aufweisen, sollten VOR den Hilfsübungen trainiert werden. Das betrifft hier auch das Training mit Maschinen, dass heißt, jemand, der Kniebeugen und Beinpresse in einer Trainingseinheit machen möchte, der sollte die Kniebeugen immer vor der Beinpresse oder Beinstrecker ausführen.
    • Beispiel 1: wer Brust trainiert, dessen Hauptübung wird etwas wie Schräg-,Negativ-,Flachbankdrücken sein und die Hilfsübung wäre in dem Fall Butterfly oder eine andere fliegende Bewegungen. Hier sind beim Bankdrücken mehr Gelenke und mehr Muskeln involviert, womit die Koordinationsaspekte größer sind.
    • Beispiel 2: Wir trainieren am Rückentag Klimmzüge, vorgebeugtes LH-Rudern, Reverse Butterfly, Shrugs
      • Hier wäre vorgebeugtes LH-Rudern oder Klimmzüge die erste Übung. Das ist dann mitunter auch Geschmackssache, welche der beiden Übungen man zuerst ausführt. Man könnte es bspw. abwechselnd von Woche zu Woche oder auch Prioritäten für gewisse Zeiträume setzen bspw. 4 Wochen am Stück Klimmzüge als erste Übung ausführen und dann wechseln. Der Vorteil der zweiten Methode ist, dass man seine Progression/Fortschritt innerhalb der 4 Wochen immer gut erfassen kann.
      • Reverse Butterfly und Shrugs würden hier als Hilfsübungen hinzu kommen. Beide wären ungefähr gleichberechtigt und es liegt wieder in der persönlichen Präferenz, welche der Übungen man zuerst ausführt. (Persönlich würde ich Reverse Fly VOR den Shrugs ausführen)
  1. Ein weiterer Punkt, der sich eigentlich schon aus dem ersten ergibt, ist die Tatsache, dass man die großen Muskelgruppen VOR den kleinen Muskelgruppen trainieren sollte. Bspw. wer seine Beine trainiert, macht zuerst Kniebeugen/Kreuzheben oder Ähniches und erst danach das Wadenheben. Man will hier einfach verhindern, dass kleine Muskelgruppen vorermüdet sind und somit die Leistungsentwicklung einer großen Muskelgruppe behindern könnten. Zusätzlich ist das Training der großen Muskelgruppen im Allg. anstrengender, daher möchte man diese in einem noch fitten und frischen Zustand trainieren. Würden wir bspw. Waden vor den Oberschenkeln und Po trainieren, würde hierdurch der stabile Stand und die Koordination geringfügig schlechter werden. Das würdet ihr vielleicht gar nicht bewusst wahrnehmen, es ist aber dennoch vorhanden und kann die technisch saubere Ausführung und/oder die Leistungsfähigkeit mindern.
  2. Schnellkraft-/Dynamische bzw. Explosivkraftübungen werden VOR den langsamen Übungen ausgeführt. Hierzu werde ich mehr in dem zweiten Video erzählen, wo es um das Maximalkraft-/Kraft- und sportbezogenes Training geht.

3. Spezielle Richtlinien für Muskelaufbau und Beispiele

Wie sollte man jetzt also die Übungsreihenfolge wählen, wenn das primäre Hauptziel Muskelzuwachs ist.
Hierzu gibt es eine Richtlinie, welche folgendes besagt:

"Alle Übungen, welche eine oder ähnliche Muskelgruppen involvieren, HINTEREINANDER ausführen"

Nehmen wir als Beispieltag einen Brust-Schulter-Trizeps-Tag, welcher aus folgenden Übungen besteht:

Beispiel 3:
Trainingseinheit (Brust, Schulter, Trizeps)
  • Negativbankdrücken
  • Fliegende auf der Schrägbank
  • Schulterdrücken
  • Seitheben
  • French Press
  • Trizepsdrücken am Kabelzug

Wenn wir uns jetzt die Übungen für die Brust anschauen: Negativbankdrücken und Fliegende auf der Schrägbank sollten wir nacheinander ausführen und bspw. NICHT so vorgehen:
  • Negativbankdrücken
  • Schulterdrücken
  • Fliegende auf der Schrägbank
  • Seitheben
  • usw.

Ziel beim Training auf Muskelwachstum ist eine zunehmende Ermüdung der trainierten Muskulatur von Satz zu Satz. Die erste Möglichkeit aus obigem Beispiel liefert daher bessere Ergebnisse als zu letzt genannte, da dort zwischen zwei Übungen für eine Muskelgruppe immer noch eine weitere Muskelgruppe trainiert wird. Nach dem Negativbankdrücken folgt das Schulterdrücken.
Man möchte aber beim Hypertrophietraining die Pausenlänge von 1,5-3 Minuten beibehalten und nicht eine Übung dazwischen schieben. Schulterdrücken würde hier inkl. Pause und abhängig von den Satzzahlen vermutlich um die 10 Minuten dauern. Würden wir danach erst wieder die Fliegenden auf der Schrägbank machen, hätte sich zwar unsere Brust einigermaßen erholt und wir würden mehr Gewicht bewältigen können, jedoch würden wir den Muskel dadurch nicht in einer fortwährende Ermüdung bringen, wodurch der Muskelaufbaureiz letztendlich geringer ausfallen wird.

Analysieren wir die erst genannte Reihenfolge einmal hinsichtlich der Beachtung der Richtlinien:
  1. Hauptübungen VOR den Hilfsübungen (Negativ vor Fliegende, Schulterdrücken vor Seitheben).
  2. Große Muskelgruppen VOR den kleinen Muskelgruppen (hier vor allem Brust VOR Trizeps)
    • Ob man jetzt Schulter oder Brust zuerst ausführt, ist wieder abhängig von den persönlichen Zielsetzungen und individuellen Schwächen & Stärken. Auch hier bietet sich ein wechselnder Fokus an.
  3. Übungen, welche eine oder ähnliche Muskelgruppen belasten, nacheinander ausführen Negativbankdrücken → Fliegende → Schulterdrücken → Seitheben → French Press → Trizepsdrücken, womit auch die spezielle Richtlinie für das Muskelaufbautraining erfüllt ist.
  4. Dynamische Übungen vor „langsamen“ Übungen, da wir hier keine dynamischen/Schnellkraftübungen ausführen, müssen wir uns hier drum nicht kümmern.

Wie verhält sich das ganze mit Supersätzen?
Natürlich können diese Prinzipien auch ohne weiteres mit Supersätzen kombiniert werden. Bei der vorher dargestellten Trainingseinheit mit Brust, Schulter, Trizeps wäre das nicht sehr sinnvoll, da bei jeder Übung teilweise die gleichen Muskelgruppen beteiligt sind. Hier vor allem die vordere & seitliche Schulter und oder der Trizeps.

Nehmen wir hierzu ein anderes Beispiel ein Oberkörpertag bestehend aus:

Beispiel 4:
Trainingseinheit Oberkörpertag eines UK/OK-Splits
  • Klimmzüge (vertikale Zugübung)
  • Schulterdrücken (vertikale Druckübung)
  • Rudern (horizontale Zugübung)
  • Bankdrücken (horizontale Druckübung)
  • LH-Curls (Bizepsübung)
  • Trizepsdrücken (Trizepsübung)

Hier könnte man jetzt, um die Trainingszeit zu verkürzen, auch mit Supersätzen arbeiten, indem man immer eine Druckübung und Zugübung im Supersatz ausführt bspw. so:

1 Satz Klimmzüge –> kurze Verschnaufpause → 1 Satz Schulterdrücken → eine weitere kurze Pause, in etwa solange, dass der letzte Klimmzugsatz 2-3 Minuten her ist → dann weiter mit einem Satz Klimmzüge, Schulterdrücken usw., bis man bei beiden Übungen 3 Sätze absolviert hat.
Gleiches macht man für die Kombination Rudern & Bankdrücken sowie LH-Curls und Trizepsdrücken.

Aber auch bei diesem Plan hätten wir wieder alle Prinzipien erfüllt, da wir wieder Übungen die auf ähnliche Muskelgruppen gehen, Klimmzüge und Rudern, nacheinander ausführen, d.h. wir haben hier keine lange Pause zwischen den Übungen, welche Rücken/Bizeps involvieren. Gleiches gilt für die Schulter- und Brustmuskulatur.
Weiterhin werden wieder die großen Muskelgruppen vor den kleinen, sowie Hauptübungen vor Hilfsübungen, hier Curls und Trizepsdrücken, trainiert. Würde man hier jetzt als Schulterübung Frontheben oder Seitheben nutzen, sollte man die Kombination Klimmzüge + Frontheben als zweiten Supersatz wählen.
Der Plan würde dann bspw. so aussehen:

Beispiel 5:
  • Rudern
  • Bankdrücken
  • Klimmzüge
  • Frontheben
  • LH-Curls
  • Trizepsdrücken

Hier wäre dann wieder sichergestellt, dass Frontheben als "Hilfsübung" nicht die Leistungen in der „Hauptübung“ Bankdrücken beeinträchtigt, wo die vordere Schulter ebenfalls stark involviert ist.
Natürlich könnte man bei diesen Beispielen auch eine andere Kombination wählen. Man könnte bspw. auch die vertikale Zugübung Klimmzüge zusammen mit der horizontalen Druckübung Bankdrücken im Supersatz ausführen.
Der ursprüngliche Plan könnte dann bspw. auch so aussehen:

Beispiel 6:
  • Bankdrücken
  • Klimmzüge
  • Rudern
  • Schulterdrücken
  • LH-Curls
  • Trizepsdrücken

wobei jeweils immer zwei Übungen im Supersatz ausgeführt werden.

4. Kniebeugen oder Kreuzheben zuerst?

Jetzt möchte ich noch auf einen weiteren wichtigen Fall eingehen und zwar, was sollte man zuerst ausführen "Kniebeugen und Kreuzheben" oder "Kreuzheben und dann Kniebeugen", wenn man es in einer Trainingseinheit trainiert. Beides sind prinzipiell Hauptübungen, jedoch gibt es Gründe, die dafür sprechen, die Kniebeugen IMMER vor dem Kreuzheben auszuführen. Dafür sprechen folgende Punkte:

  1. Bei Kniebeugen hat man das Gewicht auf der Schulter. Sollte die Rumpfmuskulatur insb. der untere Rücken schon durch das vorherige Kreuzheben stark vorermüdet sein, knickt man im Oberkörper ein, erhöht so den Druck auf die Bandscheiben und damit das Verletzungsrisiko. Die Gefahr einer schlechten technischen Ausführung steigt dadurch rapide AN! Zudem ist es bei den Kniebeugen nur schwer möglich, das Gewicht bei nachlassender Stabilisationskraft im Rücken einfach "runter zu werfen", Wohingegen man es beim Kreuzheben einfach los lassen könnte.
  2. Die Kniebeuge ist die technisch etwas anspruchsvollere Übung. Beide Übung sind natürlich Königsübungen, welche technisch sehr komplex sind, jedoch sind die Anforderungen an die Flexibilität im Unterkörper bzgl. Sprung-, Knie- und Hüftgelenk bei den Kniebeugen wesentlich höher als beim Kreuzheben.

Ihr solltet daher immer die Kniebeugen VOR dem Kreuzheben ausführen.

5. Individuelle Anpassungen

Zu guter letzt möchte ich noch darauf hinweisen, dass es durchaus individuelle Gegebenheiten geben kann, wo es sinnvoller ist, obige Prinzipien nicht anzuwenden.
Beispiele dafür sind:
  • Jemand, der Probleme mit einer richtigen Bewegungskoordination hat, bspw. wenn er beim Bankdrücken die Brust nicht richtig spürt und das trotz optisch korrekter Technik. Dann kann es Sinn machen, 1-2 Sätze einer Hilfsübung bpsw. Liegestütze auf einem Gymnastikball vor dem Bankdrücken auszuführen. Durch die hohe Stabilisationskomponente wird die Muskelkette bestehend aus Schulter, Brust und Trizeps dazu angeregt, effektiv zusammen zu arbeiten, was so die intermuskuläre Koordination verbessern kann. Dies führt dazu, dass der Körper „lernt“ die Muskulatur besser einzusetzen, wodurch wir die Aktivierung der Brustmuskulatur im darauf folgenden Bankdrücken steigern können. Die Übung hat dabei NICHT DEN SINN einer Vorermüdung, sonder kann eher als erweitertes Aufwärmen gesehen werden.
  • Ein weiteres Beispiel, um von obigen Richtlinien abzuweichen, wäre, wenn jemand eine bestimmte Schwachstelle besitzt oder eben gezielt einen Muskel trainieren will/soll/muss. Hier kann es dann Sinn machen, diese Übung auch vor das Training zu setzen, wo man noch frisch und ausgeruht ist. Einem muss dann aber auch klar sein, dass dies mitunter die Leistungen in den "Hauptübungen" mindern kann.
    Das ganze geht aber nicht soweit, dass jemand nur sagt, er besitzt eine Schwachstelle in der Art „meine Arme sind zu dünn, ich muss Arme zuerst trainieren“. Das wäre nicht zielführend, es geht hier vor allem um Schwachstellen, welche eklatant das Verletzungsrisiko erhöhen und ein Training dieser dadurch unverzichtbar ist.

Es gibt natürlich noch eine Fülle weiterer Einzelfälle, wo man obige allg. Grundsätze anders anwendet. Letztendlich gelten aber für die allermeisten Sportler diese Richtlinien und ich hoffe, ich konnte euch hiermit helfen eure Trainingsgestaltung zu optimieren.

Zusammenfassung:

  • Hauptübungen (Verbundübungen) vor Hilfs-/Nebenübungen
  • Große Muskelgruppen vor kleinen Muskelgruppen
  • Übungen, die eine Muskelgruppe trainieren, sollte man nacheinander ausführen, um bestmögliche Hypertrophieergebnisse zu erzielen (Konzept der ansteigenden Ermüdung).
  • Schnellkraft/Dynamische Übungen vor langsamen Übungen wie Kniebeugen/Bankdrücken


Das war es soweit von mir, wenn ihr noch Fragen habt, einfach in den Kommentaren schreiben.
Ich wünsche euch viel Spaß beim Training, danke für eure Zeit! Auf Wiedersehen!

2 Kommentare:

  1. Hey ;D
    Die Satzzahlen und Wiederholungszahlen sind Hypertrophie-typisch, sprich 3 Arbeitssätze zu 8-12 wdh? Was ist mit dem Rhythmus (positiv, negativ, statisch?
    Ist es generell nicht zu wenig nur Negativbankdrücken oder halt Schrägbank (pos.) und fliegende, also nur eine Mehrgelenkübung und eine Isolationsübung für die Brust?

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  2. Ich habe hier bewusst "beispielTAG" geschrieben und extra KEINE Wdh und Satzzahlen dran gesetzt da ich dazu in vielen meiner anderen Videos viel näher drauf eingehen konnte.
    Die Satzzahlen korrelieren immer stark mit der Trainingshäufigkeit genauso die Übungen.
    Für jemanden der zweimal pro Woche eine Muskelgruppe belastet reichen 2-6 verschiedene Übungen über die Woche ohne probleme aus.
    Bspw.
    montags: Negativbankdrücken und fliegende auf der Schrägbank
    Donnerstag: KH-Bankdrücken und Schrägbankdrücken

    wären hier dann 4 Übungen.
    Sätze liegen im allgeminen beim Hypertrophietraining bei 2-5 Sätze pro Muskelgruppe und 6-12Wdh.
    Hier könnte man z.b. Negativbankdrücken mit 2-3 sätzen und Fliegende mit 2-3 Sätzen ausführen.

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